Ein paar Worte zum neuen Buch...

Dieses Buch ist das erste, welches nicht von mir selbst handelt, sondern vom Leben einer Frau, die ich vor einigen Jahren kennengelernt und der ich mit Fauxpas einst den Song „Schatten“ gewidmet habe. Als vor drei Jahren das erste Mal der Gedanke aufkam, ein Buch über Saskia Malenkes Lebensgeschichte zu schreiben, wusste ich noch nicht, wie tief ich in ihr Innerstes eintauchen würde, wie viel Vertrauen sie mir entgegenbrächte und wie nah mir unsere Gespräche, in denen sie mir Situationen und Details beschrieb, von denen nicht einmal ihre Therapeuten erfahren hatten, letztendlich gehen sollten.


Ich bin sehr vielen Menschen vor dem Hintergrund, sexuell missbraucht worden zu sein, begegnet. Ich traf zu viele, deren Lebensuhren irgendwann in der Kindheit abrupt gestoppt und deren freie Entwicklungen zu lebensbejahenden, hoffnungsvollen Menschen gewaltsam behindert worden sind. Sie blieben Menschen mit vielen verlorenen Jahrzehnten und zerstörter Lebensperspektive - Menschen, die oft eine sehr lange und intensive Begleitung benötigen, um den tiefen Abgründen ein Stück weit entfliehen zu können, in die sie einst gestoßen worden sind. Einige haben mich dabei auf ganz besondere Art berührt, sind mir ans Herz gewachsen und wichtig geworden. Zu Saskia habe ich eine der intensivsten Beziehungen. Ich wusste lange Zeit nicht, wie ich ihre Lebensgeschichte darstellen sollte, hatte Zweifel und glaubte nicht, mit diesem Buch etwas Gutes in die Welt zu bringen und sie damit zu bereichern.

Lange habe ich überlegt, welchen Rahmen ich ihrer Geschichte geben könne, bis mir der Gedanke kam, sie einfach so zu schreiben, wie sie sie mir erzählte. Sie berührte mich am meisten, wenn ich sie von ihr selbst in ihren unverblümten Worten hörte. Neben Weinen stand Lachen, neben Wut Sarkasmus, neben den Flashbacks der Blick nach vorn. All unsere Gefühle dabei hatten ihre Berechtigung und brauchten ihre Zeit. Ich habe Saskia gerne begleitet, trotz all dem, was ihre Schilderungen in mir selbst auslösten und trotz meiner eigenen Gewaltfantasien, die ich in Bezug auf die Täter entwickelte. Zu wissen, dass Täter selbst Opfer sind, half mir in manchen Situationen nur wenig und oft dachte ich daran, wo ich gerade gewesen bin, wenn sie ihre schlimmsten Begegnungen hatte und wünschte mir, sie hätte schützen zu können. Mich ehrt Saskias Vertrauen, mir all diese schrecklichen, zutiefst persönlichen Dinge in Gesprächssituationen geschildert zu haben. Das Schreiben des Buches, das Hören der Bänder aus der Traumatherapie, das Lesen von Gutachten und Berichten brachte mich oft an meine eigenen Grenzen.

Mit voranschreitender Arbeit wusste ich aber, dass es wichtig sein würde, Saskia die Möglichkeit zu geben, ihre Geschichte zu erzählen, als Zeugnis täglicher Verbrechen und Zerstörungen, die überall und jederzeit vorkommen, die wir selbst in unserer Nachbarschaft nicht wahrnehmen. Dieses Buch, zu dem es keine Lesereise geben wird, zeigt zwar eine schreckliche Geschichte auf, soll aber umso mehr um Verständnis für das Verhalten von Opfern werben, soll Vorurteile abbauen und vor allem Betroffenen zeigen, dass es Wege nach draußen gibt, auf denen es sich lohnt weiterzugehen, selbst wenn manch professionelle Hilfe versagt. Meine Freundin Saskia ist diesen Weg gegangen. Ich weiß nicht, ob ich mit diesem Buch dem Drama ihres Daseins gerecht werden konnte, ob es an einigen Stellen zu detailliert ist, ob es irgendwo etwas Positives bewirkt. Nun werde ich mit diesem Buch und dem, was dort beschrieben steht, leben müssen - so wie es Saskia tun muss, wie ihre Kinder, wie jede der Leserinnen und Leser, die es zur Hand nehmen. Ab heute ist es unter der ISBN 978-3-7386-2835-7 für 12 Euro überall im Handel erhältlich.  

 

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