Nachruf

Ich war stundenlang unterwegs gewesen, um zu begreifen, was Schröder mir vorhin am Telefon erzählt hat. Und ich gebe zu, dass ich verflucht nochmal heulen musste. Wie konntest Du Dich so heimlich aus dem Staub machen? Ohne Abschied? Ohne Konzert? Ohne ein verdammtes Wort? Mir würde es auch schlecht gehen, wenn es einen der anderen Drei erwischt hätte. Aber nun bist Du es, der sich einfach davon macht. Eure Ur-Besetzung ist mir sowas von ans Herz gewachsen. Mit Euch zusammen auf Tour zu gehen, war eine verdammte Freude und wir waren ehrlich, behandelten die Bühne mit Respekt und hatten eine ganze Menge Mist im Kopf, den nur wir verstanden haben. Als es mit unseren Bands anfing zu laufen, gingen wir einen großen Teil des Weges gemeinsam. Als ich mit Deiner Band „Wahre Freunde“ einsang, war es mir ein Bedürfnis, das zu tun und ein ganz besonderer Moment in meinem Leben. Ich krame in Bildern und Erinnerungen. Ich weiß auch, dass Du Deine Sorgen hattest, dass dieser beschissene Balkan-Krieg seine Spuren in Dir hinterlassen hat und Du nie wirklich Frieden damit fandest. Und doch warst Du ein herzensguter Mensch. Ohne zu jammern.


Zudem warst Du die musikalische Seele Deiner Band und nachdem Du aussteigen musstest, hat mir immer etwas gefehlt. Ich erinnere mich an so manches. Ja, wo andere in der Schule Geschichte gepaukt hatten, hast Du wie ein Irrer Gitarre geübt. Richtig so! Man brauchte Ziele und Träume. Scheiß drauf, was die ganze Welt dazu sagte. Deine Gitarren-Helden waren mindestens auch meine und - ehrlich - irgendwann warst auch Du einer. Mann, Ihr ward quasi dabei, als meine Tochter geboren wurde, kamt sogar in die Provinz gejockelt dafür. Das erste Bandshirt, das sie trug, war eines von Berserker. Ihr hattet es uns geschenkt und im Alter von nicht einmal einem Jahr stand sie beim Soundcheck mit auf der Bühne. Sie hat Eure und unser Musik schon im Mutterleib gehört. Scheint nicht geschadet zu haben.

Umso schöner fand ich, als ich vor einigen Jahren sah, dass Du wieder Gitarre spieltest. Anders zwar, behutsamer, aber nicht schlechter. Noch immer war Deine Seele in diesem Instrument spürbar. Wir haben viel erlebt, aber alles immer mit erhobenem Kopf und einem Grinsen auf den Lippen. In unseren sentimentalen Stunden waren wir anders. Auch das versteckten wir nicht. Du fandest unseren Song „Hast Du Angst“ klasse, wolltest ihn unbedingt mal mit mir spielen. Hätten wir es doch bloß irgendwann einmal getan. Scheiße, wir hätten es erledigen sollen. Ich hätte zu gerne gehört, was Dir dazu eingefallen wäre. Zu spät, wie vieles, das man aufschiebt. Vor ein paar Wochen haben wir noch miteinander geschrieben. Ich dachte, dass es ganz gut aussieht. Frau, Job, ein bisschen Musik. Und Du wolltest mich in Deiner S-Bahn mitnehmen. Und nun? Was immer Dich aus dem Leben gerissen hat, es war zu früh! Machs gut, lieber Weggefährte, wir sehen uns auf der anderen Seite. Hoffentlich. Und dann spielen wir endlich „Hast Du Angst“. Ich habe keine, nur Trauer und die Hoffnung, dass Du gut ankommst… Du bleibst in mir!

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