So war es am Wochenende in Rotta und Brandenburg

Das waren sie, die „Daniel Alvarenga Filmabende“, die seinen Kino-Film „Hundswut“ erstmalig außerhalb Bayerns zeigten und unseren unter seiner Regie entstandenen Kurzfilm „Senbazuru“ zu seinen beiden ersten öffentlichen Aufführungen brachte. Seit der „Hundswut“-Premiere in Passau vor über einem Monat befindet sich Daniel nahezu täglich auf der Autobahn, um seinen Film vorzustellen und mit dem Publikum ins Gespräch zu kommen. An seiner Seite immer dabei: der Schauspieler Christian Swoboda.

„Hundswut“ hat erst einmal nichts positives. Dass er jedoch gut und wichtig ist, überzeugte Schauspielerinnen und Schauspieler wie Christine Neubauer, Christian Tramitz und Markus Brandl schon beim Lesen des Drehbuchs. Sie alle drehten „Hundswut“, der nur ein geringes, privat finanziertes Budget hatte, ohne eine Gage zu erhalten. Überall, wo„Hundswut“ aufgeführt wird, hinterlässt er erst einmal Sprachlosigkeit. Nicht jeder erträgt diesen Film, der in seinen drastischen Bildern eine Hexenjagd im Jahr 1932 und den kollektiven Wahnsinn zeigt, der Menschen ergreifen kann, wenn ein Gerücht umgeht, welches jemanden als vermeintlich Schuldigen eines Verbrechens ausmacht.


Auch beim zweiten Schauen in der Gassmühle Rotta ergriff mich Hundswut noch einmal und das weitaus heftiger, als bei seiner Premiere in Passau. In dem sehr nahen Rahmen, den die Gassmühle uns bot, war jedes Gefühl der Anwesenden spürbar, sowohl im Schweigen, als auch danach im offenen Äußern derer. Und ich fand es so wichtig, dass wir uns danach darüber austauschten, denn was wir in einem Film wie "Hundswut", als auch mit dem, was wir in seinen Parallelen in der heutigen Gesellschaft finden, sollten wir nicht allein sein. Ich bin noch immer bewegt davon, wie sehr Menschen unter den Stimmungen dieser Zeit leiden. Das wurde in Rotta einmal mehr deutlich. Aber auch, wie gut wie einander helfen und uns wieder aufbauen und damit im positiven Sinne – wenn auch vielleicht nur für den Moment – eine angenehmere, weil herzliche Welt schaffen können. Herzlich war das Publikum nach dem Hundswut-Schock – und sehr warmherzig. Nach der Aufführung entstand viele Fragen und eine lange Gesprächsrunde, wie auch schon nach der Präsentation des Vorfilms „Senbazuru“. Fragen nach dem Hintergrund der Geschichte, den Gründen unserer Arbeit und zu Katharinas (Film-)Musik beantworteten wir sehr gerne. Der gefaltete Kranich, der spontan mitbebracht worden war und mir geschenkt wurde, passte nicht nur zur Geschichte, sondern berührte mich auch sehr sowohl in seiner Symbolik als auch in der Geste des Geschenks. Für uns alle galt: Mit Eurem Interesse, Euren Fragen und Euren Gedanken habt Ihr uns reich beschenkt. Vielen Dank dafür! Dass die Station in Rotta für die derzeit vielreisenden Daniel Alvarenga und Christian Swoboda vielleicht auch ein wenig Erholung war, liegt sicher auch an dem besonderen, naturnahen Kulturort, der von Simone und Torsten Sielaff so liebevoll geschaffen worden ist und an derer unglaublich netten Gastfreundschaft. Aber auch die Gespräche Beiden, die interessanten Einblicke und ihre liebevolle Offenheit sind mehr als bereichernd. Zu Recht schauen bei ihnen nahezu im Wochentakt viele tolle Künstlerinnen und Künstler vorbei, in deren Riege wir uns nun einreihen konnten. Wir freuen uns jetzt schon auf ein Wiedersehen.

Auch in Brandenburger Fontane-Klub wurden wir dann sehr herzlich empfangen. Während der Filmvorführung drängte sich mir die Frage auf: Wie geht es den (wenigen) Menschen, die beim „Hundswut“ vorzeitig das Kino verlassen müssen, die seine gnadenlosen Bilder auf seinem Weg und spätestens jene der drastischen Konsequenz nicht ertragen können? Immer wieder möchte ich jenen sagen: Traut Euch, schaut ihn Euch an, spürt in Euch hinein - und dann redet über diesen Film! Und über das, was in Euch vor sich geht... „Hundswut“ ist kein Märchen, keine weit entfernte Erzählung aus Tausendundeiner Nacht, sondern die bittere Erkenntnis, welch üble Auswüchse unter haltlosen Verdächtigungen und Beschuldigungen möglich sind, die eben auch zu unserem Menschsein gehören, in dem wir alle zu Mördern oder wenigstens zu Unterstützern und zu Schuldigen werden können. Deshalb wünschte ich mir, dass wir diesen Film aushalten können, selbst wenn er – auch für mich immer wieder – in seinen krassen Szenen unerträglich scheint. Nur die Reflexion dessen, was in jeder und jedem von uns ist und wozu wir - spätestens, wenn es um das (vermeintliche) Überleben geht - imstande sind, lässt uns möglicherweise anders mit unserer eigenen (Hunds-)Wut umgehen. Manches Mal mögen wir sie erst entdecken müssen...

Es war es uns also sehr wichtig gewesen, Eure Gedanken und Fragen zu hören und mit Euch in Kontakt zu kommen. Und Eure Meinungen über beide Filme zu erfahren. Einiges ehrte uns dabei sehr. Die Aussagen der Kino-Betreiber zu „Hundswut“. möchte ich nicht vorenthalten: "Ein starkes Kunstwerk über die Abgründe der Menschheit." (Hank Teufer, Schauspieler und Betreiber des Fontane-Klubs) sowie "Mit diesem Film eine Lanze für die Demokratie zu brechen, ist ein Meisterstück!" (Torsten Sielaff, Kulturschaffender und Betreiber der Gassmühle) sind nur zwei Zitate, welche es auf den Punkt bringen, warum „Hundswut“ trotz regionaler Sprachfärbung auch bei uns außerhalb Bayerns und an seinen bisher nördlichsten Stationen angekommen ist - bei einem Publikum, dem deutsche Filmförderer auch abseits der bisherigen Kriterien in Zukunft durchaus wieder etwas zutrauen dürfen. Wir erlebten die Menschen an den Stätten als nachdenklich, wissbegierig und bereit, in unsere Abgründe zu schauen - und für den Moment als zutiefst miteinander verbunden. So todesnah, wie der Film ist, so lebensbejahend kann seine Wirkung sein...

Ich danke Hank Teufer und dem event-theater für die Gastfreundschaft und natürlich für Euer Interesse und Euer herzliches Erscheinen. Ich freute mich auch sehr darüber, in Brandenburg Freunde, Bekannte, Kolleginnen und Kollegen im Publikum entdeckt zu haben. Auch wenn diese drei vergangenen Tage für mich intensiv und mitunter sehr anstrengend gewesen sind, waren sie dennoch sehr wichtig. So ist die Kultur an ihrem richtigen Platz!

Persönlich hatte ich einen wunderschönen Wochenend-Abschluss nach all dem am Sonntag in der St.Gotthardkirche mit Heiner Dröse und Rikki Haack, welche einige der schönsten Lieder von Gerhard Gundermann, Hannes Wader und Reinhard Mey spielten. Die Kombination aus aufrüttelndem Hundswut und einem melancholisch-erdenden Liederabend kann ich von Herzen empfehlen...

Für mich bleibt wieder festzustellen: Ich freue mich über jede künstlerische und menschliche Bereicherung, wie ich sie in den vergangenen Wochen und Monaten erleben durfte. Danke auch, dass unser Film "Senbazuru" im Vorprogramm angenommen wurde und Eure schönen Worte dazu. Auch hier nochmal Dank an alle Beteiligten bei der Umsetzung. Wir sehen uns sicher alle bald auf die ein oder andere Weise wieder!

Ich danke von Herzen Daniel Alvarenga und Christian Swoboda, dass sie die bisher weiteste Reise in Kauf nahmen, um "Hundswut auch uns in nördlicheren Gefilden nahe zu bringen. Die Filmfestival-Nominierungen von „Hundswut“ und „Senbazuru“ beim Camgaroo-Award lassen beide Filme schon in weniger als einem Monat wieder aufeinandertreffen.

In Brandenburg an der Havel läuft Hundswut noch bis zum Mittwoch im Kino des Fontane-Klubs, weitere Termine zur Promo-Tour innerhalb Deutschlands findet Ihr auf der Homepage des Films. Und fragt gerne in Eurem Kino nach, warum er dort noch nicht gezeigt wird...

 

Bilder aus Rotta:

 

 

 

 

 

 

Bilder aus Brandenburg:

 

 

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